Uni-Protokolle, 02.11.2005

Wie sich die Religion in der Moderne verändert: Neue DFG-Forschergruppe an der RUB

Auf der einen Seite häufen sich die Kirchenaustritte seit Jahren - auf der anderen ist der Weltjugendtag völlig überlaufen: Das Verhältnis der Menschen zur Religion scheint widersprüchlich. Wohin entwickelt sich die Religion seit der Mitte des 20. Jahrhunderts? Wie werden Menschen religiös sozialisiert? Welchen Einfluss haben die Massenmedien auf diesen Prozess? Diesen Fragen widmet sich die neue Forschergruppe "Transformation der Religion in der Moderne. Religion und Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s", die die Deutsche Forschungsgemeinschaft ab 1.12.2005 für zunächst drei Jahre fördert (Sprecher: Prof. Dr. Wilhelm Damberg, Katholisch-Theologische Fakultät der RUB). "Wir wollen die gesellschaftsgeschichtlichen Hintergründe des Wandels der Religiosität als Modus individuellen und kollektiven Verhaltens, ihrer öffentlichen Wahrnehmung und der Veränderungen der christlichen Großkirchen als religiöser Organisationsformen erkunden", umreißt Prof. Damberg das Vorhaben. Bochum, 02.11.2005
Nr. 338

Der Papst als Popstar - die Religion auf dem Rückzug?
Wie sich die Religion in der Moderne verändert
DFG fördert neue Forschergruppe an der RUB

Auf der einen Seite häufen sich die Kirchenaustritte seit Jahren - auf der anderen ist der Weltjugendtag völlig überlaufen: Das Verhältnis der Menschen zur Religion scheint widersprüchlich. Wohin entwickelt sich die Religion seit der Mitte des 20. Jahrhunderts? Wie werden Menschen religiös sozialisiert? Welchen Einfluss haben die Massenmedien auf diesen Prozess? Diesen Fragen widmet sich die neue Forschergruppe "Transformation der Religion in der Moderne. Religion und Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s", die die Deutsche Forschungsgemeinschaft ab 1.12.2005 für zunächst drei Jahre fördert (Sprecher: Prof. Dr. Wilhelm Damberg, Katholisch-Theologische Fakultät der RUB). "Wir wollen die gesellschaftsgeschichtlichen Hintergründe des Wandels der Religiosität als Modus individuellen und kollektiven Verhaltens, ihrer öffentlichen Wahrnehmung und der Veränderungen der christlichen Großkirchen als religiöser Organisationsformen erkunden", umreißt Prof. Damberg das Vorhaben.

Bedeutungsverlust seit dem 18. Jahrhundert

Das Verhältnis der Gesellschaft zum Phänomen der Religion ist gegenwärtig höchst ambivalent: Einerseits gehört es schon seit dem 18. Jahrhundert zum öffentlichen Bewusstsein, einen Bedeutungsverlust von Religion in der - wie auch immer verstandenen - Moderne festzustellen. Andererseits ist vor allem in den letzten Jahrzehnten eine gegenläufige Wahrnehmung entstanden. Danach erfassen diese Prognosen nur einen Teil des diskutierten Phänomens; Religion weist in unterschiedlichster Gestalt eine unerwartete, mit Neugier oder auch Besorgnis zur Kenntnis genommene Vitalität auf.

Modernes Leben: Städtisch, industrialisiert, konsumorientiert

"Wir gehen davon aus, dass die weit reichenden Veränderungen der Religiosität eng mit dem Wandel verflochten sind, welcher die Identitätsbildung der Menschen in industrialisierten Gesellschaften im 20. Jahrhundert überhaupt betrifft", erläutert Prof. Damberg. Hintergrund sind z.B. die Universalisierung urbaner Lebensformen, die fortschreitende strukturelle Differenzierung der Gesellschaften, Bildungs- und Kommunikationsrevolutionen sowie eine veränderte Zeitsouveränität mit entsprechend neuen Arbeits- und Konsummustern. Als wesentliche Ursachen der Veränderung von Religion und Kirchlichkeit fragen die Forscher zunächst nach dem Wandel der religiösen Sozialisation in der Nachkriegszeit, den Veränderungen der organisierten Sozialformen des Religiösen und der Entwicklung der religiösen Sprache. Dazu gehört auch die von den Massenmedien ausgehandelte Wahrnehmung von Kirche und Religion. "Die Bedeutung der Sprache wird in unserem Vorhaben jedoch umfassender gedacht: Sprache spiegelt Wirklichkeit und kommuniziert das Wissen über sie, aber sie ordnet und gestaltet Wirklichkeit zugleich entlang eines in ihr verfügbar gehaltenen und gebündelten Ordnungs- und Wertewissens", so Damberg.

Nachkriegszeit und dynamische 1960er und 1970er Jahre

Die größte Aufmerksamkeit werden die Wissenschaftler zunächst der unmittelbaren Nachkriegszeit und den "dynamischen Zeiten" der 1960er und 1970er Jahre widmen, von denen die Religionsgemeinschaften und besonders die traditionellen religiösen Lebensformen mit besonderer Intensität erfasst wurden. Die Verfügbarkeit archivarischer Quellen begründet eine gewisse Konzentration auf den Zeitraum von 1945 bis etwa 1975. "Neue Formen von Religiosität lassen es aber geboten erscheinen, die jeweiligen Bearbeitungszeiträume in den Einzelprojekten zu definieren und darin eine Annäherung an die unmittelbare Gegenwart nicht zu scheuen", unterstreicht Prof. Damberg. In der Forschergruppe arbeiten neben Prof. Damberg (Katholisch-Theologische Fakultät) die Professoren Volkhard Krech und Traugott Jähnichen (Evangelisch-Theologische Fakultät) sowie Lucian Hölscher, Klaus Tenfelde und Frank Bösch (Fakultät für Geschichtswissenschaft).

Weitere Informationen

Prof. Dr. Wilhelm Damberg, Katholisch-Theologische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-28109, E-Mail: wilhelm.damberg@rub.de


zit. nach:
http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/108255/