Weitere Publikationen von Dr. Jürgen Mittag

Mittag Wilhelm Keil
Jürgen Mittag
Wilhelm Keil (1870-1968)
Sozialdemokratischer Parlamentarier zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik. Eine politische Biographie

649 Seiten
Preis: 60,30 €

ISBN: 3-7700-5238-2

Düsseldorf: Droste 2001


Das »Erfolgsmodell« Bundesrepublik Deutschland hat viele Väter. Einer von ihnen ist Wilhelm Keil. Im nordhessischen Helsa 1870 geboren, lernte der Drechslergeselle auf der »Walz«, die ihn bis nach England führte, eine ihm bis dahin völlig unbekannte Welt kennen: die Arbeiterbewegung, das sozialdemokratische Milieu Württembergs. Hier trifft er 1894 Julie Gutekunst, eine Stickerin, die zwei Jahre später seine Frau wird. Seit 1890 Mitglied der SPD, schreibt Keil als freier Mitarbeiter für Gewerkschaftszeitungen und Parteiblätter, macht sich einen Namen als Parteiagitator. 1896 übernimmt er eine Anstellung als »Scherenredakteur« der »Schwäbischen Tagwacht«. Der Journalist, der das schwäbische Parteiorgan später fast drei Jahrzehnte lang lenkt, wird Berufspolitiker: Im Oberamt Ludwigsburg gewinnt er 1900 als krasser Außenseiter das Landtagsmandat, als 50. sozialdemokratischer Abgeordneter 1910 auch ein Reichstagsmandat. Der »Jubiläums-Sozialdemokrat« bestimmte als Präsident der württembergischen Landesversammlung maßgeblich die Landesverfassung. 1921 bis 1923 Arbeits- und Ernährungsminister des Landes, lehnte Keil ein Ministeramt auf Reichsebene stets ab; er sah seinen politischen Wirkungsraum in seiner schwäbischen Wahlheimat. Hier überlebte er die Zeit des »Dritten Reiches«, arbeitete an seinen Lebenserinnerungen, die 1947/48 erschienen. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch 1945 drängte Keil zurück in die parlamentarische Arena: 1946 präsidiert er der vorläufigen Volksvertretung Württemberg-Badens und ist Vorsitzender des Verfassungsausschusses. Mit der Bildung des Landes Baden-Württemberg 1952 tritt Keil, bis zuletzt Präsident des Württembergisch-Badischen Landtags, von der parlamentarischen Bühne ab. Als »Patriarch der Realpolitik« vielfach geehrt, stirbt Wilhelm Keil in Ludwigsburg. Im Laufe seiner langen politischen Karriere avancierte Keil, seit 1950 Ehrenbürger der Stadt Ludwigsburg, zum Parlamentarier »par excellence«. Die Reihe seiner parteipolitischen Weggefährten reicht von Clara Zetkin über Friedrich Ebert und Kurt Schumacher bis hin zu Willy Brandt. Basierend auf einer eingehenden Quellenrecherche entwirft Jürgen Mittag nicht nur eine lebendige Politikerbiographie, sondern zugleich ein Panorama des deutschen Parlamentarismus vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Konsolidierung der politischen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland.