Kooperation zwischen sozialen Bewegungsorganisationen und Gewerkschaften in den europäischen Anti-Austerität-Protesten

Eine transnationale Netzwerkanalyse am Fallbeispiel der Koalition "Alter Summit" im Kontext nationaler Gelegenheitsstrukturen

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Die Kooperation zwischen Gewerkschaften und anderen sozialen Bewegungsorganisationen ist kein neues Phänomen (siehe Promotionsprojekt von Ulf Teichmann), aber eines, das insbesondere auf der transnationalen Ebene und aus einer interdisziplinären Perspektive von Seiten der Gewerkschafts- und Bewegungsforschung noch unzureichend untersucht wurde (siehe Promotionsprojekte von Johanna Lauber und Giulia Gortanutti).
Eine solche Kooperation zwischen diesen zwei Akteurstypen findet sich auch in den Protesten und Kampagnen gegen die Austeritätspolitik der Europäischen Union. Im Kontext dieser Protestwelle - die sich seit 2008 nicht nur in krisenbetroffenen Ländern manifestierte, sondern von Solidaritätskundgebungen in vielen europäischen Staaten unterstützt wurde - entwickelt sich seit 2012 das transnationale Kooperationsnetzwerk Alter Summit, welches in diese Arbeit als Fallbeispiel zu Grunde liegen wird.
Besonders spannend ist die Erforschung dieser Kooperation aufgrund der besonderen aktuellen Gelegenheitssituation. Das Ergebnis der Wahl 2015 in Griechenland wird als eine Gelegenheit verstanden, die in den europäischen Krisenstaaten implementierte EU-Austeritätspolitik zu verändern, weil in mehreren der betroffenen Staaten 2015 neu gewählt wird (Parlamentswahlen in Portugal September/Oktober 2015, in Spanien Dezember 2015). Dabei könnte sich die griechische Entwicklung etwa in Spanien wiederholen, wo aus den massiven Protesten gegen die Sparpolitik die neue Partei PODEMOS hervorging. Insofern bilden die bevorstehenden Wahlen in den EU-Mitgliedsländern, eine potenzielle Gelegenheit für die Anti-Austerity-Akteure, ihren politischen Forderungen mehr Gewicht zu verleihen.
Die zentrale Aufgabe dieses Promotionsprojektes wird es sein, zu rekonstruieren, wie die transnationale Kooperation zwischen Gewerkschaften und sozialen Bewegungsorganisationen auf diese Gelegenheit reagiert hat und zu beobachten, wie sich das Kooperationsnetzwerk Alter Summit insgesamt entwickelt hat. Das Ziel ist es, die Wirkmechanismen und Faktoren zu identifizieren, die einen Einfluss auf die Ausgestaltung des Alter Summit und die strategischen Entscheidungen der Akteure in den Anti-Austeritäts-Protesten haben.
Aus der Forschungsperspektive der transnationalen politischen Soziologie ergibt sich im beschriebenen Fall die besondere Gelegenheit, die Wechselwirkung zwischen transnationalen Koalitionen und multidimensionalen Gelegenheitsstrukturen zu rekonstruieren.
Für das genauere Vorgehen und aufgrund der geschilderten Gelegenheitsstruktur wird der Fokus insbesondere auf die Länder Griechenland, Spanien und Deutschland gesetzt, in die das Netzwerk Alter Summit unter anderem hineinragt. Das methodologische Design beinhaltet eine webseitenbasierte Netzwerkanalyse und Experteninterviews mit NetzwerkkoordinatorInnen und Mitgliedern auf nationaler und lokaler Ebene, mit deren Hilfe die Beziehung zwischen Individuen, Organisationen und Events in diesem Netzwerk rekonstruiert werden soll.
Durch eine Verschränkung von Analysekonzepten aus der Gewerkschafts- und soziale Bewegungsforschung soll es zum einen ermöglicht werden, der wechselseitigen Beeinflussung zwischen Alter Summit und den äußeren Gelegenheitsstrukturen auf internationaler, transnationaler und nationaler Ebene gerecht zu werden.
Zum anderen soll auch die koalitionsinterne Seite mit den komplexen Beziehungen zwischen Gewerkschaften und soziale Bewegungsorganisationen, ihren jeweiligen nationalen Pfadabhängigkeiten und unterschiedlichen kollektiven Identitäten, ausreichend Berücksichtigung finden.

Kontakt:

Ana-Maria Nikolas